1.5 Die Ortsnamen der Steiermark

1.5 Die Ortsnamen der Steiermark


Erklärung

1.5.1 Namensherkunft der steirischen Gemeinden

Forschungsbereich Plurilingualismus am treffpunkt sprachen der Universität Graz
nach Fritz Freiherr Lochner von Hüttenbach[1]

Die Deutung von Ortsnamen und deren ursprünglicher Sinngehalt haben seit jeher das Denken der Menschen beschäftigt. Die Bibel, Griechen und Römer haben sich bemüht zu ergründen, was hinter den Namen stehe. Sie haben sehr oft erstaunliche und kuriose Ergebnisse erzielt, die nicht das geringste mit wissenschaftlicher Arbeit zu tun haben und die nur ganz selten und dann meist zufällig das Richtige treffen. So hieß die östlich von Latium gelegene italische Stadt Beneventum ursprünglich Maleventum, worin ein altes Mittelmeerwort mal ‚Berg‘ enthalten ist. Da die Römer diesen Ortsnamen jedoch auf Basis von lateinisch male ‚übel, unglücklich‘ und eventus ‚Erfolg, Gelingen‘ interpretieren, ändern sie male in bene ‚gut, glücklich‘. Ähnliche Deutungen auf Basis aktuellen sprachlichen Wissens führen bis in die frühe Neuzeit und auch noch heute zu sogenannten volksetymologischen Erklärungen.  

So sei der Legende nach Knittelfeld nach den Knütteln benannt, mit denen man einen Lindwurm erschlagen habe, und Lind westlich von Knittelfeld nach eben diesem Lindwurm – althochdeutsch lint ‚Lindwurm, Schlange, Drache‘. Im Namen Knittelfeld ist aber ein altdeutscher Personenname Hnutilo zu sehen, Lind ist nach einem Lindenbestand – althochdeutsch linta – bezeichnet. Dem Begründer des Stiftes Seckau, dem Hochfreien Adalram von Waldeck, der ein Kloster erbauen wollte, sei in einem verwachsenen Forst angeblich die Muttergottes erschienen und habe ihm lateinisch Hic seca! ‚Hier rode!‘ zugerufen. Seckau geht jedoch nicht auf lateinisch seca, sondern auf slawisch seka ‚Lichtung, Holzschlag‘ zurück. Die Zahl solcher Legenden könnte leicht vermehrt werden.

Erst in der Neuzeit entdeckt man, dass in den meisten Fällen sehr genaue historische und sprachliche Untersuchungen notwendig sind, um zu richtigen Ergebnissen zu kommen. Die Ortsnamenkunde bzw. Toponomastik < griechisch τόπος (tópos) ‚Ort, Platz, Stelle‘ ist Teil der Namenkunde bzw. Onomastik < griechisch ὄνομα (ónoma) ‚Name‘. Unter Ortsnamen versteht man geographische Namen im umfassendsten Sinn, diese sind:

·       Bergnamen / Oronyme < griechisch ὄρος  (óros)  ‚Berg‘, 
·       Gewässernamen  / Hydronyme < griechisch ὕδωρ (hýdor) ‚Wasser‘, 
·       Siedlungsnamen / Oikonyme < griechisch οἶκος (oȋkos) ‚Wohnstätte‘.

Ortsnamenkunde betreibt man nicht um ihrer selbst willen. Herkunft und Bedeutung von Toponymen können über historische Vorgänge der frühen Besiedlung eines Gebietes informieren, wenn sonst keine anderen schriftlichen Quellen zur Verfügung stehen. Auch die Sprachwissenschaft kann aus der Altertümlichkeit, die Namen oft bewahrt haben, aufschlussreiche Kenntnisse gewinnen.

Obwohl naturgemäß nach über hundert Jahren die eine oder andere Feststellung nicht mehr aufrecht zu halten ist, bietet Joseph von Zahns 1893 erschienenes Ortsnamenbuch der Steiermark im Mittelalter vor allem aufgrund der Nennung urkundlicher Formen nach wie vor wertvolles Hinweise zum Verständnis steirischer Toponyme. Namensforschung ohne älteste urkundliche Überlieferung ist unmöglich, da Namen sehr häufig im Lauf der Jahrhunderte bis zur Unkenntlichkeit verändert werden. Ohne Wissen über urkundliche Formen würde man beispielsweise den ersten Teil der beiden Ortsnamen Edelsbach und Edelschrott nicht nur lautlich, sondern auch von Herkunft und Bedeutung als identisch erachten. Die urkundlichen Formen – 1324 Erelsbach und 1422 Jeleschrot – verdeutlichen jedoch, dass in einem Fall germanisch erle ‚Erle‘, im anderen slawisch jelen ‚Hirsch‘ zugrunde liegt; ähnlich im Fall von Gratkorn, 1449 Krakorn, und Gratwein, 1147 Gredewin: in einem Fall liegt ein Eigenname – slawisch Krak oder germanisch Gracco – gefolgt von einer Endung -ern vor, was zu Gratkorn führte, im anderen Fall slawisch gradovina ‚Gegend um eine befestigte Anlage‘ was zu Gratwein wird.

In der Steiermark als Land an der Grenze, als Mark, die ein Vorfeld zum Schutz des dahinter liegenden Gebietes sein soll, haben verschiedene Völker gelebt, auch in Zeiten, als sie noch keine Mark gewesen ist. Die Namenkunde kann drei verschiedene Strata bzw. Schichten feststellen, deren Zuweisung an bestimmte Völker und Sprachen aber nicht immer mit Sicherheit vorgenommen werden kann:

1.     vorslawische Schicht 
2.     slawische Schicht, 
3.     germanische Schicht.

Vorslawische Namen wurden lange als illyrisch aufgefasst. Mittlerweile ist jedoch nachgewiesen, dass man diese Sprachbenennung nur für einen eingeschränkten Bereich auf der Balkanhalbinsel, vor allem im süddalmatinischen Küstengebiet, verwenden kann. Im Alpenraum haben nie Illyrier gesiedelt. Wir wissen allerdings nicht, welche Gruppen vor und neben den Kelten im Ostalpenraum ansässig waren. Daher bleibt man am besten beim übergeordneten Begriff „vorslawisch“. Man kann innerhalb dieses vorslawischen Stratums aber durchaus keltische und indoeuropäische Etyma unterscheiden, wobei letztere auch vorindoeuropäisches Substrat enthalten können.

Dem Keltischen zuordnen sind u.a. der Gewässername Enns ’sumpfiges Gewässer‘ und der Ortsname Katsch ‚Umwallung‘. Andere Namen sind voreinzelsprachig indogermanisch. Dazu zählen viele Gewässernamen, die auch in anderen Teilen Europas zu finden sind. Die Mur ‚(Sumpf)Fluss‘, und die Lafnitz ‚(weißer) Fluss‘ gehören dieser Gruppe an. Nicht selten wird eine Namensdeutung durch die realen Gegebenheiten der örtlichen Beschaffenheit gestützt, so im Fall der Enns, wo wir noch heute ausgedehnte Torfmoore vorfinden.

Namen direkt romanischer Herkunft sind für die Steiermark nicht nachweisbar. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass östlich einer Linie Linz-Villach romanische Namen fehlen, während sie im Westen Österreichs nicht selten sind. Im Jahre 15 v. Chr. kommt das Alpengebiet unter römische Herrschaft, die aber nur in der ehemals römischen Provinz Raetien in den heutigen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg zu einer tiefer gehenden Romanisierung führt, die sich auch deutlich in der Namengebung spiegelt. In Norikum bleiben Lateinkenntnisse auf einen kleinen Kreis beschränkt, eine Romanisierung der ländlichen Bevölkerung findet nicht statt. Zudem ist Ende des 5. Jhdts. n. Chr. ein Großteil der romanisch städtischen Bevölkerung aufgrund des zunehmenden germanischen Drucks abgewandert, was das Fehlen romanischer Ortsnamen zusätzlich begründet. Es finden sich jedoch indirekt, wohl über das Germanische gekommene romanische Elemente in einigen Siedlungsnamen. Neben dem aus lateinisch sanctus ‚heilig‘ übernommenen Sankt, sind das Zell in Mariazell und Wenigzell – lateinisch cella > mittelhochdeutsch zelle ‚Zelle, Kapelle, kleines Kloster’– und Mößna – lateinisch mansi ‚Aufenthaltsort, Herberge‘ > mittelhochdeutsch messenie ‚Hausgemeinschaft‘.

Am Ende der Völkerwanderungszeit, im ausgehenden 6. Jhdt. kommen slawische Einwanderer die großen Flussläufe entlang in die heutige Steiermark. Ihre sprachlichen Spuren sind in Orts-, Gewässer- und Bergnamen im ganzen Land deutlich. Im Ausseerland, im Ennstal, am oberen Lauf der Mur, im Aflenzer Becken, im Mürzgebiet und im Süden der heutigen Steiermark treten die slawischen Namen etwas stärker hervor. Wir treffen in erster Linie jene Bezeichnungen an, die auch in anderen noch heute oder einstmals von Slawen besiedelten Gebieten vorkommen. Feistritz ‚Gießbach‘, Graz ‚kleine Burg‘ und Leibnitz ‚Lindenort‘ sind markante Beispiele dieser Schicht.

Mit dem 8. Jhdt. beginnt die bairische Kolonisierung. Der slawische Herzog Boruth holt die Bajuwaren bzw. Baiern ins Land, um Unterstützung gegen die Awaren zu erhalten. Ab 750 sind bairische Siedler im Ennstal nachweisbar. Ein Jahrhundert später sind in der gesamten Steiermark urkundlich überlieferte germanische Namen zu finden. Ab dem 12. Jhdt. werden die riesigen Waldgebiete der Oststeiermark gerodet, und um die Mitte des 13. Jhdts. ist die bairische Kolonisierung abgeschlossen. Diese letzte Schicht steirischer Ortsnamen ist die zahlenmäßig stärkste, zudem hat die bairische Besiedlung natürlich auch Namen der vorherigen Strata geprägt und umgeformt. So wird beispielsweise das noch 1319 urkundlich erwähnte Prednik ‚Vorderbach‘ bereits 1362 als Preding wiedergegeben, wobei das ursprünglich slawische Suffix -nik durch das germanische -ing ersetzt ist. Ähnlich wird der zweite Teil des slawischstämmigen Prepuch ‚windige Anhöhe‘ volksetymologisch in Präbach bzw. Präbichl umgeformt. Derartige Beispiele ließen sich noch einige anführen.

In weiterer Folge werden die steirischen Toponyme/Ortsnamen nach ihren Untergruppen in Hydronyme, Oronyme, Oikonyme – Gewässer-, Berg-, Siedlungsnamen – behandelt, wobei die einzelnen Kapitel nach den historischen Strata/Schichten gegliedert sind.

Erklärung

1.5.2 Namensherkunft ausgewählter Gewässer in der Steiermark

Da es ein allgemeines Phänomen ist, dass Hydronyme bzw. Gewässernamen die ältesten uns bekannten Namen sind, überwiegt ihre Anzahl auch in der steirisch-vorslawischen Schicht. Der Name eines Flusses ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden wie der eines Bergs oder einer Siedlung und wird oft an die neuen Bewohner weitergegeben, weil ein Flusslauf kaum von allen Anwohnern verlassen wird, wie es bei einer Siedlung der Fall sein kann.

1.5.2.1 Vorslawische Gewässernamen

Hydronyme aus der vorslawischen Zeit sind meist indoeuropäischen oder keltischen Ursprungs. In der folgenden alphabetischen Auflistung sind auch Umformungen unter slawischem oder germanischem Einflussberücksichtigt.

Enns ist keltisch und durch schriftlich-lateinische Belege aus dem 8. Jhdt. – Anesum – und dem frühen 9. Jhdt. – Enisa – bestätigt. Die Bezeichnung ist aus indoeuropäisch pen– ‚Schlamm, Sumpf, Wasser‘ und der häufig bei Gewässernamen anzutreffenden Endung -issa zusammengesetzt. Silbisches n̥ der Ablautstufe pn̥- von pen- wird im Keltischen unter Schwund des anlautenden p- zu an, wodurch sich die Form Anissa und in weiterer Folge Enns ergibt.

Lafnitz geht auf indoeuropäisch albh- ‚weiß‘ mit der Endung -antiā zurück. Da häufig als Hydronym verwendet, ist albh- auch als ‚Fluss‘ generalisiert. Slawischer Einfluss formt alb- zu lab- um, unter germanischem wird -b- zu -f-Albantiā > Labenza > Lafnitz.

Mur geht auf indoeuropäisch mār/mōr ’stehendes Wasser, Sumpf, sumpfiger Wasserlauf‘ zurück und bezieht sich höchstwahrscheinlich auf den versumpften Unterlauf. Durch Anfügung der slawischen Diminutivendung -ica entsteht Murica ‚kleine Mur‘. Durch germanische Umformung – der Vokal der zweiten Silbe bewirkt den sogenannten i-Umlaut u > ü und Silbenkürzung – wird daraus Mürz.

Pöls, im 9. Jhdt. als Pelissa belegt, geht auf indoeuropäisch pel– ‚fließen, gießen; Sumpf‘ mit der bereits erwähnten, häufig Gewässernamen kennzeichnende Endung –issa zurück. Die heutige Form ergibt sich wiederum aus dem oben erwähnten germanischen i-Umlaut – e > ö – und der Kürzung unbetonter Silben.

Raab geht entweder auf indoeuropäisch erebh-/orobh– ‚braun‘ oder auf ein Kompositum aus keltisch ar(e) ‚östlich‘ und abon ‚Fluss‘ zurück. Die keltische Form ist in der auf einer römischen Straßenkarte basierenden Tabula Peutingeriana als Arabon erwähnt, während die heutige Bezeichnung über eine Umformung zu slawisch raba entstanden ist.

Sölk geht auf indoeuropäisch sal- fließendes Gewässer, Strömung‘ mit der Endung -iko/ikā zurück. Unter germanischen Einfluss – i-Umlaut und Silbenkürzung – wird das ursprüngliche Salika, im frühen 12. Jhdts. noch als Selicha belegt, zur heutigen Bezeichnung umgeformt.

Sulm, bereits im zweiten Teil des Namens der römischen Stadt und heutigen Ausgrabungsstätte Flavia Solva enthalten, geht auf keltisch solua aus sol– ‚anschwellen‘ mit der Endung –ua zurück. Als rasch anschwellendes Gewässer tritt die Sulm auch heute noch über ihre Ufer.

Traun, deren Quellflüsse – Altausseer, Grundlsee- und Kainischtraun – in der Steiermark entspringen, ist auf das indoeuropäische oder keltische dr(e)u ‚laufen, eilen, fließen‘ mit der Endung –na zurückzuführen.

1.5.2.2 Slawische Gewässernamen

Slawische Hydronyme sind heute oft auch als Siedlungsnamennamen gebräuchlich, wobei die namensgebenden Gewässer mit germanischen Zusätzen unterschieden sind. Beispielweise ist die Ragnitz, heute sowohl Teil der Gemeinde Kainbach als auch der Stadt Graz, während der namensgebende ‚Krebsenbach‘ Rakovnica – slawisch rak ‚Krebs‘ und –ovnica –heute Ragnitzbach heißt. Die Endung -ovnica/-nica/-ica, häufig in weiterer Folge als -itz germanisiert, ist typisch für slawische Gewässernamen und wird deshalb als Hydronymsuffix bezeichnet.

Feistritz entspricht dem slawischen Bistrica ‚Waldbach, Gebirgsbach, Fluss mit klarem Wasser‘, das sich aus slawisch bister ’schnell, reißend, hell, klar, durchsichtig‘ und der Endung –ica zusammensetzt. Der Anlautwechsel von b– zu f– erfolgt unter germanischem Einfluss.

Grimming, im 14. Jhdt. als Grima und Grimig, 1406 als Grymman erwähnt, geht auf slawisch grmeti ‚donnern, tosen, dröhnen‘ mit einer Endung –ma, –an, oder –ik – später zu –ing umgedeutet – zurück und ist gleichbedeutend mit dem in der Nähe befindlichen Donnersbach; ebenfalls Nebenfluss der Enns. Der Name geht erst auf die angrenzende Flur, dann auf den heute bei weitem bekannteren Gebirgsstock über.

Grundl(see), geht auf slawisch (o)krogl ‚rund, runde Fläche‘ zurück, wird aber schon früh aufgrund seiner lautlichen Ähnlichkeit mit mittelhochdeutsch grundel ‚Gründling‘, einem Kleinkarpfen, der am Grund klarer Gewässer lebt, volksetymologisch interpretiert.

Laßnitz, bereits im 10. Jhdt. als Luonznica erwähnt, geht entweder auf slawisch log ‚Wiese, Gebüsch, Sumpfland‘ oder slawisch loka ‚Au, (sumpfige) Talwiese‘ mit der Endung –nica zurück. Dadurch ergeben sich zwei mögliche Lesarten: Wiesen- oder Aubach.

Preßnitz setzt sich aus slawisch breza ‚Birke‘ und der Endung –nica zusammen und bedeutet folglich ‚Birkenbach‘.

Reifling geht auf slawisch ribnik ‚Weiher, Teich‘ zurück, was sich aus slawisch riba ‚Fisch‘ mit der Endung –nik zusammensetzt. Das slawische Suffix wurde im 15. Jhdt. zum germanischen –ing umgedeutet. Nördlich der Reifling liegt der gleichnamige Weyerbach.

Safen ist identisch mit Saifen. Der bereits im 9. Jhdt. als Sabniza belegte Name ist auf slawisch žava ‚Frosch, Kröte‘ mit der verlorengegangenen Endung –ica zurückzuführen und folglich als ‚Frosch- oder Krötenbach‘ zu interpretieren.

Toplitz(see) geht auf slawisch toplica ‚warme Quelle‘ zurück. Das Wort setzt sich aus slawisch topel ‚warm‘ und dem Hydronymsuffix –ica zusammen. Mit dem mittelhochdeutschen , bezeichnet der Name einen See mit warmen Quelle, wo das Wasser nicht friert.

1.5.2.3 Germanische Gewässernamen

Als Elemente der neuesten Schicht sind die bairisch-germanischen und folglich aus dem Mittelhochdeutschen stammenden Gewässernamen die häufigsten. Neben solchen, die den im Folgenden exemplarisch aufgelisteten Beispielen entsprechen, finden sich nicht selten auch sogenannte reine Wasserwörter wie unter anderem Bach, Bründl, Brunnbach, Seebach. Der Einfluss des Germanischen auf slawische und vorslawische Gewässernamen ist bereits in den beiden vorherigen Abschnitten skizziert.

Dissau enthält mittelhochdeutsch diezen ‚rauschen, laut schallen‘ und ist folglich als ‚rauschender Bach‘ zu deuten.

Edelsee steht für den volksetymologisch umgeformten, nach den dort vorkommenden Blutegeln bzw. Egeln – mittelhochdeutsch ëgel und  – benannten Egelsee.

Gleisbach enthält mittelhochdeutsch glîzen ‚gleißen, glänzen, schimmern‘ und bach ‚Bach‘.

Grießbach ist ein nach der Beschaffenheit seines Untergrunds oder seiner Ufer – mittelhochdeutsch griez ‚Sand, Schotter‘ – benannter Bach.

Gsollbach weist auf einen Bach an salzhaltigem Grund hin; mittelhochdeutsch sol ‚Salzwasser‘.

Haritzbach beinhaltet sowohl mittelhochdeutsch har ‚Flachs‘ als auch rozen ‚einweichen‘. Anzunehmen ist, dass das Wasser zur Flachsherstellung verwendet wurde und der Bach danach benannt ist.

Michelbach geht auf mittelhochdeutsch michel ‚groß‘ zurück und entspricht folglich der ebenfalls auftretenden Bezeichnung Großbach.

Miesenbach ist der Bach am Moos; mittelhochdeutsch mies.

Schwarza, ist ein Gewässer mit dunklem Untergrund, dessen Name auf mittelhochdeutsch swarz ’schwarz‘ und aha ‚Ache, Fluss‘ zurückzuführen ist.

Traibach enthält mittelhochdeutsches draejen ‚drehen, sich winden‘ und steht folglich für einen stark gewundenen bzw. sich schlängelnden Bach.

Erklärung

1.5.3 Namensherkunft ausgewählter Berge in der Steiermark

Die meisten Oronyme bzw. Bergnamen sind nicht sehr alt. Nur wenige Bezeichnungen sehr großer und langgestreckter Gebirgsformen, die verkehrsbehindernd sind, haben sich vom Altertum bis heute erhalten. Bergbewohner selbst haben wenig Interesse, etwas zu bezeichnen, was keinen Nutzen bringt. Man benennt deshalb auch eher die Bergweide als den Berggipfel. Aus diesem Grund stammen viele Bergnamen erst aus dem Mittelalter oder der frühen Neuzeit.

1.5.3.1 Vorslawische Bergnamen

Es finden sich in der Steiermark keine Bergnamen, die sich direkt auf das Indoeuropäische oder Keltische zurückführen ließen. Die beiden ältesten Bezeichnungen – Alpen und Tauern – entstammen höchstwahrscheinlich einer vorindoeuropäischen Schicht und betreffen große Gebirgsformationen.

Alpen – Plural von Alp bzw. Alb – geht auf einen alten Stamm alb– ‚hoher Berg‘ zurück, der als Substrat in lateinisch Alpes erscheint und bereits beim griechischen Historiker Polybios im 2. Jhdt. v. Chr. erstmals erwähnt ist. Die Bezeichnung wird bereits in der Antike mit den schneebedeckten Gipfeln und folglich mit dem auf das indoeuropäische albh– zurückzuführende lateinische albus ‚weiß‘ volksetymologische interpretiert.

Die heutige Bedeutung ‚Hochweide‘ bzw. Weideplatz im Gebirge‘ dürfte mit der Übernahme ins Germanisch-Deutsche erfolgen: Die im 10. Jhdt. belegte althochdeutsche Form alba wird zu mittelhochdeutsch albe, aus dessen Kasusformen alben sich durch Zusammenziehung das gleichbedeutende alm entwickelt.

Tauern ist ebenfalls ein vorindoeuropäisches Substratwort, taur– ‚Berg, hochgelegene Region‘, dessen Bedeutung sich später auf ‚Pass‘ erweitert. Dass es sich dabei um eine allgemeine gebräuchliche alte Gebirgsbezeichnung handelt, zeigt das kleinasiatische Taurusgebirge, dessen Name oft fälschlicherweise – wie manchmal auch die Tauern – von lateinisch taurus oder griechisch ταῡρος (tauros), die beide indoeuropäischem (s)teur– ‚Stier‘ entsprechen, volksetymologisch hergeleitet wird.

Ins Slawische wird die Bezeichnung höchstwahrscheinlich als Plural ture übernommen; vgl. Visoke in Nizke Ture ‚Hohe und Niedere Tauern‘ im heutigen Slowenisch. Aufgrund des homonymen bzw. laut- und formgleichen slawischen tur– ‚Bodenerhebung, Hügel‘ finden sich – zwar nicht in der Steiermark, aber im benachbarten Kärnten – gleichlautende Ortsnamen wie Ossiacher Tauern, slowenisch Osojske Turje, und der gleichnamigen ebenfalls zur Gemeinde Ossiach gehörenden Ortschaft Tauern/Turje. Beide Bezeichnungen haben jedoch nichts mit hohen Bergen oder Bergpässen, sondern mit Hügeln zu tun.

1.5.3.2 Slawische Bergnamen

Bergnamen slawischer Herkunft sind über die ganze Steiermark verteilt. Eine kleine Auswahl bietet die folgende Auflistung in alphabetischer Reihenfolge:

Gölk im Mürztal ist ebenso wie Golling im Hochgolling in den Niederen Tauern entweder auf slawisch kolk ‚Felsspitze, Klippe‘ oder gol ‚kahl, unbewaldet‘ zurückzuführen.

Grebenzen in den Gurktaler Alpen geht wahrscheinlich auf slawisch greben ‚Bergkamm, Höhenrücken‘ zurück. Eine alternative Möglichkeit der Herleitung bietet das slawische kravanica ‚Kuhalm‘.

Gleinalpe hat nichts mit klein zu tun, sondern folgt aufgrund der Bodenbeschaffenheit dem slawischen glina ‚Lehm, Ton‘.

Kulm bei Weiz, in der Ramsau und beim Hochschwab entspricht slawisch hólm ‚Berg, Hügel‘.

Mugel, östlich von Leoben gelegen, geht auch slawisch mogyla ‚Hügel‘ zurück.

Osser, in der Nähe der Teichalm im Grazer Bergland, entspricht slawisch oster ’scharf, spitz‘ und bezeichnet folglich die Form des Berges. Der Name des Osterwitz bei Deutschlandsberg setzt sich aus oster und der ebenfalls slawischen Endung –ovica zusammen.

Phyrn nordöstlich von Liezen und bereits 1146 als Pirdine erwähnt, lässt sich auf das slawische brdine ‚Anhöhe, Hügel‘ zurückführen.

Plesch bei Graz, bei Kapfenberg und bei Kitzeck, auch in Pleschberg bei Admont und bei Radmer sowie in Pleschaitz in den Murbergen und Pleschnittzzinken im Ennstal enthalten, entspricht dem slawischen pleš ‚kahl, unbewaldet‘ und ist folglich ein ‚Kahlenberg‘.

Pötschen im Salzkammergut, auch in Pötschberg und Petschenkogel in der Obersteiermark enthalten, geht auf slawisch peč ‚Ofen, Felsüberhang‘ zurück.

Raidling in der Obersteiermark entspricht slawischem rudnik < ruda ‚Erz, Erzgrube, eisenreiche Erde‘, wobei das slawische –u– erst zu germanisch-bairisch –au-, durch den i-Umlaut zu –äu– und weiter zu –ai– ungeformt wurde. Die Ersetzung der slawischen Endung –nik durch –ing ist, wie häufig schon erwähnt, ein allgemeines Phänomen.

Schöckl – der Hausberg von Graz mit gleichnamigen Erhebungen östlich von Gleichenberg, nördlich von Strallegg und Thörl sowie der 1310 als Scheckel erwähnte Schöttl bei Öberwölz – hat zwei slawische Deutungsmöglichkeiten: entweder ščegl ‚einzeln, alleinstehender Berg‘, was auf den Schöckl bei Graz ja zutrifft, oder čekalo ‚Warte‘ bzw. čakati ‚warten‘.

Staritzen, die Aflenzer und die (Maria)Zeller Staritzen sind nach slawisch starica ‚alte Frau‘ benannt. Schneebedeckte Berge erinnern oft an alte Menschen mit weißen Haaren.

Stoderzinken im Ennstal, Stadurz im Hochschwab und Gstoder westlich von Murau geht auf die slawische Verkleinerungsform stodorca von stodorc ’steil aufragende/r felsige/r Berg/e‘ zurück. Mit dem auf germanisch zinke ‚Zacken, Spitze‘ zurückgehenden zweiten Wortteil bildet Stoderzinken folglich eine slawisch-germanische Doppelbenennung aus gleichbedeu­tenden Elementen.

Student mit der gleichnamigen Studentalm nordwestlich von Mürzsteg ist nach slawisch studenica – aus studna ‚kalte Quelle, Brunnen‘ mit der Endung –ica – bezeichnet. Mit der südlich gelegenen Brunnalm bildet die Studentalm ein gleichbedeutendes slawisch-germanisches Namenspaar.

Tauplitz entspricht der Verkleinerungsform duplijca von slawisch duplo ‚Höhle, Vertiefung, Erdkluft, Versteck des Wildes‘.

Woising im Toten Gebirge beruht auf slawisch visok ‚hoch‘

Zirbitz in den Seetaler Alpen ist mit slawisch červica ‚rote Alm‘ – črven ‚rot‘ – zu erklären und hat im Flurnamen der östlich davon gelegenen Rothaide eine germanische Parallele.

1.5.3.3 Germanische Bergnamen

Viele Oronyme bzw. Bergnamen bairisch-germanischen Ursprungs, die aktuellen deutschen Bezeichnungen entsprechen, haben eine klar nachvollziehbare bzw. transparente Bedeutung. Namen wie Erzberg oder Hochtor, brauchen keinerlei Erklärung. Manchmal, beispielsweise im Fall des südlich von Treglwang in den Seckauer Tauern gelegenen Bärensteins, ist ein Oronym trotz Transparenz nicht eindeutig. Ob der altdeutsche Name Bëro bzw. Përo, die Tierbezeichnung bër ‚Bär‘ aber auch ‚Saubär, Eber‘ oder wildwachsende bere ‚Beeren‘ namensgebend sind, bleibt trotz der heutigen Schreibung mit –ä– unklar. Hingegen ist der erste Namensteil von Lachalpe nordwestlich von Neuberg sowie bei Neumarkt nur oberflächlich transparent. Da darin germanisch lâche ‚Grenzstein, Grenzzeichen‘ enthalten ist, hat der Name nichts mit dem Lachen zu tun. Scheinbare Transparenz führt häufig zu sogenannten volksetymologischen Erklärungen. Im Folgenden eine kleine Auswahl germanischer Bergnamen in alphabetischer Reihenfolge:

Bosruck, der westlichste Berg in den Ennstaler Alpen, ist gleich dem Bocksruck bei Unzmarkt ein ‚Bocksrücken‘. Vergleiche von Bergformen mit Tieren sind nicht selten. Südwestlich von Judenburg gibt es den Geißrücken.

Bremstein südwestlich von Mautern hat seinen Namen nach einer schattigen Seite bei einem Felsen, stein, der das Weidevieh vor den Bremsen, breme, schützt.

Dachstein – mundartlich-bairisch Doanschtoa, 1238 als lapis Torstein erwähnt und folglich mit dem zweithöchsten Berg des Dachsteinmassivs, dem Torstein, namensgleich – ist ursprünglich ein Donnerstein. Ob der germanische Gott des Donners Donar bzw. Thor für die beiden Berge namensgebend war, kann nicht nachgewiesen werden.

Dirndln, bzw. die Dirndln im Dachsteinmassiv und westlich des Zinkens bei Bad Aussee sind ebenso wie der Türndln im Hochschwabmassiv auf die Verkleinerungsform türmlin von mittelhochdeutsch turntorn ‚Turm‘ zurückzuführen.

Heilstein nordwestlich von Gollrad ist nach den glatten, rutschigen Felsen bezeichnet. Der erste Wortteil lässt sich auf mundartlich-bairisch hal aus mittelhochdeutsch haele ‚glatt, rutschig, schlüpfrig‘ zurückführen.

Kaibling – Hauser KaiblingSchladminger Kaibling – geht auf den Genitiv kalwes von mittelhochdeutsch kal ‚kahl, unbewaldet‘ zurück.

Luegeck bei Wildalpen ist ein Aussichtseck nach mittelhochdeutsch luogen ‚Ausschau halten‘.

Miesberg in der Ramsau, Mieskogel nordwestlich von Seewiesen und Mießriegel südwestlich von Niklasdorf enthalten mittelhochdeutsch mies ‚Moos‘. Riegel geht auf mittelhochdeutsch rigel zurück und bedeutet entweder ‚querliegende Anhöhe‘ oder ’steiler Bergabhang‘.

Rauchkogel westlich Bretstein enthält mittelhochdeutsch rûch ‚haarig, gestrüppig, rau‘.

Reichenstein bei Admont, bei Eisenerz und nördlich des Grundlsees geht auf althochdeutsch rûhin steine ‚beim rauen Stein‘ zurück.

Rotgschirr im Toten Gebirge setzt sich aus mittelhochdeutsch schorre ‚gezackter Fels‘ und rôt als Beschreibung der Felsfärbung zusammen. Gleicher Herkunft ist die Gschirrmauer nördlich von Seewiesen.

Sinabell nördlich von Ramsau geht ebenso wie der Siniweler im Toten Gebirge auf mittelhochdeutsch sinewel ‚rund‘ zurück.

Wachseneck südlich von Fehring, das Waxeneck östlich von Frein an der Mürz, das Warscheneck nördlich von Liezen und der Große Warschenberg nördlich von Hall enthalten alle ein mittelhochdeutsches wahs ’scharf, spitz‘.

Zwölferkogel bestimmt durch den Stand der Sonne die Mittagsstunde. Die Folge Neuner-, Zehner-, Elfer-, Zwölfer- und Einserkogel findet sich nördlich der Pühringerhütte im Toten Gebirge an der Grenze zu Oberösterreich.

Das Wort Kog(e)l ‚Bergkuppe‘ oder ‚Berg mit rundem Gipfel‘ mit der Verkleinerungsform Kög(e)l ist, was seine Herkunft anbelangt, unklar. Einerseits wird es mit Kugel, mittelhochdeutsch kugel(e), in Bezug gesetzt, andererseits könnte es so wie Gugel, mittelhochdeutsch gugel(e), auf lateinisch cucullus ‚Kapuze, Mütze‘ zurückgehen.

Erklärung

1.5.4 Namensherkunft ausgewählter Orte in der Steiermark

Siedlungsnamen bzw. Oikonyme gehen häufig auf identische Berg-, Flur- und Gewässernamen zurück, wobei der Siedlungsname, obwohl in der Regel die jüngere Bezeichnung, dominiert und beispielsweise gleichlautende Gewässernamen mit Zusätzen differenziert werden; siehe oben Ragnitz und Ragnitzbach. Zudem werden ältere Siedlungsnamen häufig auf Basis lautlicher Ähnlichkeiten mit Wörtern späterer Schichten umgeformt. So gehen, wie erwähnt, einige der mit Edel– beginnenden Ortsnamen eigentlich auf mittelhochdeutsch erle ‚Erle‘ zurück.

1.5.4.1 Vorslawische Siedlungsnamen

Einige vorslawische Siedlungsnamen sind identisch mit älteren Gewässernamen, wie beispielsweise die erwähnten LafnitzRaab und Mur; letztere als Siedlungsnamenbestandteil in Murau und Mureck. Der Name der Marktgemeinde Ilz entspricht ebenfalls dem des gleichnamigen Bachs, der heute auch als Ilzbach bezeichnet wird. Anzunehmen ist, dass Ilz auf Elentia zurückgeht; indoeuropäische Wurzel el-/ol– ‚fließen, strömen‘ mit der Endung –antia. Durch slawische Umformung mit der Endung –nica und Silbenkürzung ist die heutige Form entstanden. Möglicherweise liegt aber auch slawisch il– ‚Lehm, Schlamm‘ und damit Ilnica als ‚Schlammbach‘ zugrunde. Weitere vorslawische Oikonyme sind:

Katsch, Ende des 9. Jhdts. als Chatissa urkundlich, setzt sich aus indoeuropäisch kat– ‚zusammendrehen, flechten; Hürdengeflecht‘ und der keltischen Endung –issa zusammen und bedeutet ‚befestigte Wohnstätte‘ bzw. ‚mit einer geflochtenen Umwallung, einer Hürde umgebene Wohnstätte‘ zurück.

Krems, ein häufiges alteuropäisches Toponym, leitet sich von der indoeuropäischen Wurzel (s)krēm– ‚(ein)schneiden‘ mit der Endung –issa ab. Kremisia, im 12. Jhdt. als Cremese bezeichnet, steht für einen in die Landschaft tief eingeschnittenen Fluss.

Leoben geht auf indoeuropäisch leub-/leup– ‚(be)schmutzen, Schmutz‘ zurück. Bedeutung und die gleichnamige Leoben ‚Schmutzbach‘ in Kärnten, deuten ebenso auf ein ursprüngliches Hydronym hin wie die bereits Anfangs des 10. Jhdts. erwähnte Form Liupina mit der auch für Gewässernamen verwendeten slawischen Endung –ina.

Liezen, im 11.Jhd. Luozen, ist möglicherweise vorslawisch.

Rein, im 11. Jhdt. wird das Zisterzinenserstift als Runa bzw. Riuna genannt, setzt sich aus der indoeuropäischen Wurzel – ‚aufreißen; Einschnitt, Graben, Tal‘ und einem Suffix –na oder –nia zusammen.

Wildon, 1180 als Wildonia erwähnt, ist möglicherweise vorslawisch.

Zwar nicht in der Steiermark gelegen, aber für diese namensgebend sind Burg, Fluss und Stadt Steyr. Bereits im 10. Jhdt. als Stirapurch erwähnt, lässt sich der zugrundeliegende indoeuropäische Gewässername als stīrīa ‚die Aufstauende‘ zur indoeuropäischen Wurzel stē– ’sich verdichten‘ rekonstruieren. Mark ist germanisch und geht auf das mittelhochdeutsche mark ‚Grenze, Grenzland, Randgebiet‘ zurück.

1.5.4.2 Slawische Siedlungsnamen

Die slawischen Siedler übernehmen alteuropäische Bezeichnungen und formen diese teilweise um, weshalb die Herkunft mancher Toponyme nicht eindeutig zu bestimmen ist. Die im vorherigen Abschnitt als „möglicherweise vorslawisch“ qualifizierten, könnten auch aus dem Slawischen stammen.

Liezen, ungeklärt und möglicherweise vorslawisch, geht vielleicht auf slawisch luža ‚Moor, Sumpf; Lacke, Pfütze‘ zurück. Dagegen sprechen regelhafte Lautbeziehungen zwischen dem Bairischen und Slawischen. Ein slawisches u wird meist als bairisches au wiedergegeben, ž in der Regel als s(s).

Wildon, ebenfalls ungeklärt und möglicherweise vorslawisch, könnte aufgrund des mehrmaligen Vorkommens ähnlicher Toponyme im heutigen Slowenien auch slawischer Herkunft sein.

Die im folgenden aufgelisteten Siedlungsnamen sind eindeutig slawischer Herkunft. Einige davon demonstrieren wiederum die Erweiterung ursprünglicher Gewässerbezeichnungen auf Siedlungsnamen.

Admont, bereits im 9. Jhdt. erwähnt, geht auf slawisch odmot ‚tiefe Stelle, Strudel in einem fließenden Gewässer‘; ursprünglicher Name des heutigen Lichtmessbachs, der bei Admont in die Enns mündet und wegen seiner Überschwemmungen gefürchtet war.

Donawitz geht auf slawisch tonja ‚tiefe Stelle im Wasser‘ mit der Gewässernamenendung –ica zurück, was sich als ursprüngliches Tonjevica rekonstruieren lässt.

Fehring enthält slawisch bor ‚Föhre‘ und zeigt die häufig auftretende Umformung der slawischen Endung –nik zu germanisch-bairisch –ing

Gamlitz ist ebenfalls ein ursprünglicher Gewässername. Es verbindet slawisch gomila ‚Hügel‘ mit der Endung –nica zu dem bereits Ende des 11. Jhdts. erwähnten Gomilnitz ‚Hügelbach‘.

Irdning verbindet slawisch (j)ed– ‚Gift, Wut, Zorn‘ und –nika umgeformt zu –ing, was die Übersetzung ‚Wütenbach‘ nahelegt

Leibnitz, im 10. Jhdt. als Lipnizza erwähnt, enthält slawisch lipa ‚Linde‘ und die Endung –nica.

Öblarn ‚bei den Leuten im runden Dorf‘ geht auf slawisch obel ‚rund‘ mit der Kollektivendung –ach zurück, wobei letztere schon früh durch germanisch -arn/-ern ersetzt wird

Pinggau bezeichnet eigentlich den Fluss Pinka. 860 als Peinihhaa erwähnt, enthält der Name slawisch pĕna ‚Schaum, Gischt‘ und die althochdeutsche Endung –aha ‚fließendes Gewässer‘, die zu –verkürzt und dann durch –au ersetzt wird. Dadurch wird aus dem ‚Gischtfluss‘ die ‚Au an der Pinka‘.

Schladming, um 1180 als Slaebniche erwähnt, geht auf slawisch žleb ‚Schlucht, Rinne‘ oder slap– ‚Wasserfall‘ mit der Endung –nika zurück, die wiederum auf –ing umgeformt wird.

Seckau entspricht wohl slawischem sĕk– ‚Lichtung, Schlägerung‘ mit der Endung –ov, die als germanisch ouwe ‚Au‘ interpretiert wird, was dann zur heutigen Form führt.

Trieben enthält slawisches trebiti ‚roden‘ und bezeichnet folglich eine aufgrund von Rodung entstandene Siedlung.

Trofaiach beinhaltet slawisch drevo ‚Wald‘ und entspricht wohl drevach ‚bei den Waldleuten‘, dem Lokativ von drevane ‚Waldleute‘.

Weiz, 1147 Wides bezeichnet, geht auf slawisch videž ‚Sicht, Aussicht, Aussichtspunkt‘ zurück.

1.5.4.3  Germanische Siedlungsnamen

Der germanische Einfluss auf Toponyme vorheriger Schichten ist bereits des Öfteren angedeutet und exemplifiziert worden. Es ist mitunter schwierig, nichtgermanische Elemente bzw. dahinterliegende ursprüngliche slawische Bezeichnungen zu erkennen.

Deutschlandsberg erscheint auf den ersten Blick germanisch, genauere Analyse lässt jedoch slawischen Ursprung vermuten. Der Zusatz Deutsch– wurde erst 1822 amtlich beigefügt um sich von Windisch Landsberg, heute Podčetrtek in Slowenien zu unterscheiden. Landsberg enthält das mittelhochdeutsche bërc mit der Bedeutung ‚Berg, Burg‘. Lands- könnte durchaus auf urslawisch lǫčnica zu lǫka ‚Au, feuchtes Wiesenland‘ zurückgehen, wobei das althochdeutsche lôn ‚Belohnung, Lohn‘ eine andere Erklärungsmöglichkeit bietet.

Rottenmann ‚bei den roten Männern‘ entspricht bedeutungsgleichem slawischem Cirminah. Es lässt sich heute nicht mehr feststellen, was Original und was Übersetzung ist. Während Rottenmann sich aus dem Dativ- bzw. Lokativplural rôten von ahd. rôt und man ‚Mann‘ zusammensetzt, enthält Cirminah das slawische črmljen ‚rot‘ mit der Lokativpluralendung –ach. Höchstwahrscheinlich beziehen sich sowohl das slawischstämmige ‚bei den Roten‘ als auch das germanische ‚bei den roten Männern‘ auf eine Siedlung mit einer ungewöhnlich hohen Anzahl rothaariger, oder anderswie rot gezeichneter Bewohner.

Vorau, im 12. Jhdt. als Vorauwia bzw. Vorowe erwähnt, kann einerseits auf slawisch bor ‚Nadelwald mit der später auf germanisch –au umgedeuteten Endung –ov zurückgeführt werden. Andererseits können auch althochdeutsch fora ‚vor‘ und ouwe ‚Au, feuchte Wiese‘ namensgebend für eine ‚Gebiet vor der Au‘ gewesen sein. Die älteste urkundlich erwähnte Form Vorauwia legt letztere Interpretation nahe.

Die im folgenden aufgelisteten Siedlungsnamen sind von ihrer Herkunft her eindeutig als germanisch zu klassifizieren.

Arnfels mit der Bedeutung ‚Adlerfelsen‘ geht auf althochdeutsch aro ‚Adler‘ und felis ‚Felsen‘ zurück und bezeichnet ursprünglich eine Burg, deren Name dann auf den Ort übergeht.

Birkfeld geht auf althochdeutsch birka ‚Birke‘ und fëld ‚Feld‘ zurück und bezeichnet eine Fläche bzw. ein Feld mit Birkenbestand.

Edling, ein Dorf in der Gemeinde Trofaiach, geht ebenso auf althochdeutsch ediling ‚freier Bauer‘ zurück wie Edelingen in der Gemeinde Öblarn.

Feldbach, im 12. Jhdt. als Velnbach und Velwinbach genannt, ist ein ursprüngliches Hydronym. Der ‚Weidenbach‘ geht auf althochdeutsch vëlwer ‚Felber, Weidenbaum‘ und bach ‚Bach‘ zurück. Die erste Silbe wird später zu Feld umgedeutet.

Frohnleiten geht auf mittelhochdeutsch vrî ‚frei‘ und lîte ‚Abhang, Leite‘ zurück und bezeichnet einen Bergabhang in freier Lage bzw. einen ‚Freihang‘.

Gaishorn, im 12. Jhdt. als Gaizarn erwähnt, ist ein sogenannter Insassenname aus mittelhochdeutsch geiʒ ‚Geiß‘ mit der Endung –ern, althochdeutsch gaiz-arî ‚bei den Ziegenleuten‘ bzw. den ‚Geißern‘. Das heutige –horn ist eine spätere Umdeutung der Endung.

Kapfenberg enthält entweder den altdeutschen Eigennamen Kapfo oder geht auf mittelhochdeutsch kapfen ‚gaffen, schauen‘ mit nachgestelltem bërc ‚Berg‘ zurück. Da die gleichnamige Burg Kapfenstein Aussicht in drei Täler hat, ist die Interpretation als Berg, von dem man Ausschau hält, vielleicht naheliegender.

Langenwang setzt sich aus der Dativ oder Lokativform langen von mittelhochdeutsch lanc ‚lang‘ und dem ebenfalls mittelhochdeutschen wanc ‚Abhang, Feld, Wiese‘ zusammen und lässt sich als ‚beim langgestreckten Wiesenabhang‘ interpretieren.

Reith geht ebenso wie GreithGreuth und Kroith, aber auch Ratten und Reitern auf mittelhochdeutsch ruiten ‚(aus)roden, (aus)reuten‘ zurück und bezeichnet ein durch Ausgraben der Baumstümpfe und Wurzelstöcke nach dem Fällen der Bäume urbar gemachtes Land. In Komposita kennzeichnet –reith ebenfalls Rodungsnamen der bairischen Siedlungsphase; beispielsweise in Puchreit ‚Buchenrodung‘ aus mittelhochdeutsch buoch ‚Buchenwald‘ oder in Minireit ‚Mönchsrodung‘ bzw. von einem Kloster angelegte Rodung. Die Erwähnung von 1426 als Meunichreut legt die Herkunft von mittelhochdeutsch münich ‚Mönch‘ nahe.

Voitsberg bedeutet eigentlich ‚Vogtsburg‘, wobei sich der erste Wortteil von mittelhochdeutsch vog(e)t, voit, vougt bzw. althochdeutsch fogat ‚Verwalter (einer Burg)‘ ableitet; die Verwendung von mittelhochdeutsch bërc in der Bedeutung ‚Burg‘ ist relativ oft anzutreffen.

1.5.5 Resümee

Die bei weitem mehr als hundert in den vorigen Kapiteln angeführten Beispiele geben nicht nur einen Überblick zur steirischen Toponymie, sondern zeigen u.a. auch, dass die anfangs eingeführten Kategorien – Hydronyme, Oronyme, Oikonyme bzw. Gewässer-, Berg-, und Siedlungsnamen – nicht klar voneinander abzugrenzen sind. So werden beispielsweise Gewässernamen, unter denen sich zumeist die ältesten sprachlichen Zeugnisse einer Region befinden, auf Siedlungen, manchmal auch auf Berge übertragen. Wie im Fall von Grimming und Grimmingbach wird das ursprüngliche Hydronym dann oft zusätzlich als solches gekennzeichnet.

Die sprachlichen Strata – vorslawisch, slawisch, germanisch – sind ebenfalls komplexer als die Dreischichtung andeutet. Vorslawisch ist eigentlich eine Restkategorie aller nicht eindeutig dem Slawischen oder Germanischen zuordenbaren Ortsnamen. Aufgrund ihrer großen Zeittiefe nennt man keiner Sprachengruppe zuordenbare Toponyme vorindoeuropäisches Substrat. Dabei handelt es sich um Reste bzw. Namen aus früheren Sprachen, wie Alpen und Tauern, die von der folgenden indoeuropäischen Bevölkerung übernommen, weiterhin verwendet und weitergegeben werden. Auch spätere Toponyme dieser ersten Schicht können keiner spezifischen Sprache zugeordnet werden. Die Bezeichnungen indoeuropäisch und keltisch stehen folglich nicht für Einzelsprachen, sondern für Gruppen; einerseits der gesamten indoeuropäischen Sprachfamilie, andererseits des keltischen Zweigs der indoeuropäischen Familie. Vorslawisch wären auch die in der Steiermark nicht nachweisbaren lateinischen bzw. dem romanischen Zweig der indoeuropäischen Sprachen zuordenbaren Toponyme. Einige wenige sind, wie gesagt, als lateinische Entlehnungen ins alt- bzw. mittelhochdeutsche nachweisbar.

Die nach dem slawischen Zweig der indoeuropäischen Sprachen benannte zweite Schicht vereint mehrere Stufen des Slawischen: Urslawisch bzw. Protoslawisch als rekonstruierte gemeinsame Sprache aller Slawen wie beispielsweise in der Herleitung des Hydronyms Palten von urslawisch balto ‚Sumpf(wald), Morast‘; Altslawisch bzw. Altkirchenslawisch als ältesten dokumentierten Sprachstand wie im Oronym Mugel, das auf altslawisches mogyla ‚Hügel‘ zurückgeht; zusatzloses Slawisch steht für Toponyme, die vielen slawischen Einzelsprachen gemeinsam sind wie die Hydronymendung –nica. Direkt aus dem Slowenischen, der jüngsten der slawischen Sprachstufen, ist u.a. der Name Ladin, eines Ortsteils von Stadl-Predlitz, übernommen, nämlich aus slowenisch ledina ‚Waldschlag, Rodung, Neuland‘.

Anstatt des gleichermaßen passenden deutsch steht für die jüngste Schicht germanisch, da dies eher den für vorherige Stufen und Schichten gewählten Bezeichnungen entspricht. Sowohl Keltisch, Romanisch, Slawisch, als auch Germanisch bilden einen jeweils eigenständigen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Zudem beginnt sich das Deutsche als eigenständige Sprache innerhalb des Westgermanischen erst in etwa gleichzeitig mit dem Beginn der bairischen Einwanderung in die Steiermark Mitte des 8. Jhdts. zu entwickeln. Als erste schriftlich überlieferte Sprachform setzt man das Althochdeutsche für den Zeitraum von 750 bis 1050 an, wodurch es zusammen mit der folgenden mittelhochdeutschen Sprachstufe für die steirische Toponymie prägend ist. Daneben sind auch spezifisch bairische Formen des Alt- oder Mittelhochdeutschen von Relevanz wie beispielsweise das mundartlich-bairische krois ‚Krebs‘ in Kroisbach ‚Krebsenbach‘. Dabei handelt es sich um das deutsche Gegenstück zur gleichnamig-slawischen Ragnitz aus slowenisch rak ‚Krebs‘ mit der Endung –nica, die über den Leonhardbach ja indirekt in den Kroisbach mündet. Da vom Neuhochdeutschen als Vorläufer des heutigen Deutschen erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts ausgegangen werden kann, ist die Verwendung der Bezeichnung germanisch wohl zusätzlich begründet.

Wie die Beispiele andeuten, sind Ortsnamen nicht nur einer einzelnen, sondern oft mehrerren Sprachschichten zuzuordnen. Dadurch lassen sich Toponyme zusätzlich zu den drei historischen Schichten – vorslawisch, slawisch, germanisch – in zwölf etymologische Gruppen unterscheiden:

Vorslawisch

·       vorindoeuropäisch
·       indoeuropäisch
·       indoeuropäisch-keltisch
·       indoeuropäisch-slawisch
·       indoeuropäisch-germanisch
·       keltisch
·       keltisch-slawisch
·       keltisch germanisch

Slawisch

·       slawisch
·       slawisch-germanisch

Germanisch

·       romanisch-germanisch
·       germanisch

Da die überwiegende Mehrzahl der Ortsnamen, den slawischen und germanischen Schichten angehören, kann man in vereinfachten Darstellungen wie geographischen Karten eine reduzierte sechsschichtige Gliederung verwendet, die gleichzeitig auch die Dominanz der jüngsten  germanischen Schicht andeutet:

·       vorslawisch
·       vorslawisch-germanisch
·       slawisch
·       slawisch-germanisch
·       romanisch-germanisch
·       germanisch

Die bisher besprochenen Beispiele zeigen aber nicht nur die Komplexität der Herkunfsschichten moderner Toponymen sondern auch die Schwierigkeiten, deren verborgene Bedeutungen unter Bezug auf frühere Sprachschichten zu rekonstruieren. Ein Beispiel ist die erwähnte Umformung des aus der indoeuropäischen Wurzel albh ‚weiß‘ mit der Endung –antiā zusammengesetzten Flussnamens Albantiā. Die Übernahme ins Slawische formt alb– zu lab– um, was Labenza ergibt, unter folgendem germanischen Einfluss wird lab– zu laf-, woraus die heutige Lafnitz wird, wobei man die Endung –nitz als Analogiebildung zu anderen Fließgewässernamen interpretieren kann. Anders im Fall von Straß, das auch als Bestandteil anderer Siedlungsnamen vorkommt: Straßengel, Straßegg, Straßgang. Aufgrund urkundlicher Erwähnungen, 1286 Strazze, 1299 Strazz, ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass der Name der Marktgemeinde Straß, die ja an der alten Hauptverkehrsstraße des unteren Murtals liegt, auf mittelhochdeutsch strâze ‚befestigte Straße‘ zurückgeht. Gleiches gilt für Straßegg das nach einem Geländevorsprung bzw. Eck an der Verbindungsstraße von Gasen in die Breitenau benannt ist. Straß– im Namen des Grazer Bezirks Straßgang – im 11. Jhdt. Strazcan – und des Wallfahrtsorts Maria Straßengel – im 9. Jhdt. Strazinola – mit slawisch straža, stražiljna ‚Wacht, Wachtposten, Warte‘ in Verbindung zu bringen, erscheint u.a. auch aufgrund ihrer hügeligen Lage folgerichtig. Da jedoch die lautlichen Entsprechungen zwischen den slawischen und germanischen Formen nicht den allgemein festgestellten Regeln folgen, bleibt die slawische Herkunft beider Ortsnamen fraglich und lässt auch die Annahme vorslawischen Ursprungs zu. Andererseits folgen gerade Eigennamen häufig nicht den Regeln, was wiederum für die slawische Interpretation spricht. Beim zweiten Bestandteil von Straßengel handelt es sich um eine volksetymologisch beschönigende Umdeutung der im 13. Jhdt. urkundlich belegten Form Strazzingel. Während sich das Hydronym Lafnitz einigermaßen sicher und methodisch schlüssig aus dem Indoeuropäischen herleiten lässt, lassen Herkunft und Bedeutung von Straßengel und Straßgang Fragen offen und zeigen im Vergleich mit Straß und Straßegg, dass gleiche Form nicht zwangsläufig für gleiche Herkunft und Bedeutung steht.

An der Transformation von Ortsnamen aus ihren ursprünglichen in ihre heutigen Formen sind unterschiedliche Prozesse beteiligt. Diese lassen sich in zwei Typen unterscheiden, die jedoch nicht als klar voneinander abgegrenzte Kategorien zu sehen sind:

·       Umformungen bei der Übernahme aus einer anderen Sprache,
·       Umdeutungen, um Fremdes verständlich und vertraut zu machen.

Wenn das aus dem Indoeuropäischen stammende Hydronym Mur mit einer slawischen Endung zur Murica ‚kleinen Mur‘ wird, um einen wichtigen Nebenfluss zu bezeichnen, und dieses „slawische i“ den germanischen Umlaut von u > ü bei gleichzeitiger Silbenkürzung auslöst und dadurch die Form Mürz entsteht, spricht man von einer Umformung. Der Ersatz slawischer Endungen durch das germanische –ing – u.a. in Preding, ursprünglich Prednik ‚Vorderbach‘ aus slawisch pred– ‚vor‘ und Endung –nik – ist als Integration slawischer Namen ins Germanische eine Umformung. Da dadurch aber gleichzeitig ein fremdes Element vermieden und das Wort vertrauter bzw. der eigenen Sprache näher wird, kann man den Prozess auch als Umdeutung verstehen. Ähnlich die Umformung ursprünglicher Endungen mit –a auf –au: in Pinggau, im 14. Jhdt. noch als Pinkha erwähnt, und Pöllau aus slawisch poljana ‚Ebene, Feld, Waldwiese‘. In derartigen Fällen steht wohl eher der Umdeutungsaspekt im Vordergrund. Ein an sich fremdes, unverständliches Wort erhält ein verständliches, vertrautes Element. Umgedeutet ist u.a. auch der Name der Stadt Feldbach. Althochdeutsches fëlwabah aus fëlwa ‚Felber, Weide‘ und bah ‚Bach‘, das Ende des 12. Jhdts. als Velwinbach erwähnt ist, wird zu Feldbach, einer Zusammensetzung aus zwei vertrauten Wörtern. Auch in diesem Fall ist die frühe urkundliche Erwähnung Schlüssel zu Herkunft und ursprünglicher Bedeutung des Toponyms.

[1]     Die für diesen Text herangezogenen Werke Lochners sind im Anschluss aufgelistet. Der Text selbst geht teils wortwörtlich auf deren Inhalte zurück. Die Verantwortung für die Auswahl und Zusammenstellung sowie für etwaige Abschreibfehler und Falschinterpretationen liegt jedoch allein bei den Autor:innen.


Quelle und Bearbeiter

Quellenverzeichnis

Literatur:
Lochner v. Hüttenbach, Fritz. 1985. Bergnamen in der Steiermark.
Graz: GLM.

Lochner v. Hüttenbach, Fritz. 2008. Steirische Ortsnamen. Zur Herkunft und Deutung von Siedlungs-, Berg-, Gewässer- und Flurbezeichnungen. Graz: Leykam.

Lochner v. Hüttenbach, Fritz. 2015. Lexikon Steirischer Ortsnamen von A-Z. Die Deutung der Siedlungsbenennungen mit ausgewählten Berg-, Flur und Gewässernamen. Graz: Leykam.

Kartengrundlage:
Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachstelle GIS

Autorinnen und Autoren

Text: 
Ass. Prof. i. R. Mag. Dr. phil. Dieter Halwachs (2022)

Kartengestaltung: 
Anna Weissinger (2022)

Web-Bearbeitung:
Mag. Dieter Pirker (2022)