5.3.1.2 Biologische Gewässergüte der Fließgewässer (historisch 1970 – 2003)

5.3.1.2 Biologische Gewässergüte der Fließgewässer (historisch 1970 – 2003)


Erklärung

Gütebild der Fließgewässer 2003

Vorbemerkung
Mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 2000/60/EG) in Österreich wurde die Methodik der Gewässergüteerhebung grundlegend geändert. Die Gewässergütekarte 2003 ist deshalb die letzte biologische Gütedarstellung der Fließgewässer in der Steiermark. Im Rahmen des Schulatlas Steiermark wird die derzeitige Darstellungsweise vorerst beibehalten, da die Methodik der Gewässergütebestimmung anhand von Lebewesen sich ausgezeichnet für den Unterrichtsgebrauch eignet.

Zu den Karten

5.3.1.1 Gütebild der Fließgewässer 1974/75

5.3.1.2 Gütebild der Fließgewässer 2003

Seit dem Jahre 1965 werden in der Steiermark die Ergebnisse von biologischen Gewässergüteuntersuchungen an Fließgewässern in Form von Karten publiziert. Verfügbar im UMWELTATLAS STEIERMARK sind die Gütebilder der Fließgewässer aus folgenden Untersuchungsjahren: 1970, 1974/75, 1980/81, 1986/88, 1991/93, 2000 und 2003. Für den SCHU-LATLAS STEIERMARK wurde neben der aktuellen Untersuchung 2003 das Gütebild der Beprobung 1974/75 methodisch auf-bereitet.
Die wasserreichen Fließgewässer der Steiermark (vgl. Kapitel „Das Flussnetz der Steiermark“) sind die Grundlage für die kartographische Darstellung der biologischen Gewässergüte. Im Gegensatz zur Fließgewässerkarte werden hier nur mehr jene Gewässerabschnitte abgebildet, welche tatsächlich eine mittlere Wasserführung von mindestens 0,3 m³/s erreichen. Dadurch sind die Oberläufe von einigen Bächen nicht mehr dargestellt, was besonders beim Granitzenbach im Bezirk Judenburg oder bei der Grimming im Bezirk Liezen deutlich zur Geltung kommt. Um das Kartenbild in diesem Maßstab übersichtlich gestalten zu können, wurde auf die Abbildung jener Fließgewässer mit einer mittleren Wasserführung von unter 0,3 m³/s verzichtet, hierbei sei auf den UMWELTATLAS STEIERMARK verwiesen, wo sowohl die aktuellen als auch die historischen Gütezustände aller untersuchten Gewässer publiziert werden.
Für den Schulatlas wurde eine für die Steiermark neue Signatur verwendet. Bisher war es üblich, durch vielfache Segmentierung des Flussverlaufes und dem systematischen Wechsel der Güteklassenfarben die Gewässergüte darzustellen. Der Vorteil dieser Methode bestand darin, dass die Änderung der Gewässergüte von einer Klasse zur anderen als sukzessiver Übergang vermittelt werden konnte. Der Nachteil dabei ist, dass durch dievielen Farbsegmente kein geographischer Eindruck über die vorherrschende Gewässergüte in den jeweiligen Einzugsgebieten gewonnen werden kann. Die vorliegende Karte ordnet nun auch den Übergangsklassen, dass sind die Güteklassen I-II, II-III und III-IV, eine einheitliche Farbe zu. Das Kartenbild wird dadurch ruhiger, übersichtlicher und für kleinere Maßstäbe verwendbar. Der methodische Nachteil liegt nun darin, dass der Wechsel von einer Farbe zu einer anderen Farbe so interpretiert werden könnte, dass sich genau an diesem Punkt die Gewässergüte schlagartig verbessert bzw. verschlechtert, was natürlich nicht der Fall ist. Es ist mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, dass sich die Gewässergüte natürlich nicht abrupt ändert, sondern dass diese Schnittstellen als Übergangssäume mit entsprechender räumlicher Erstreckung aufzufassen sind.
Die Gewässergüte von Fließgewässern wird in Form der biologischen Gewässergüteklassifikation durch 7 Gewässergüteklassen, bestehend aus 4 Hauptgüteklassen und 3 Zwischenstufen, klassifiziert. Zur Bestimmung der Gewässergüte werden sowohl chemische, bakteriologische und besonders biologische Erhebungen herangezogen. Als Bioindikatoren dienen unter anderem wirbellose Tiere mit unterschiedlichen ökologischen Ansprüchen, die den Boden des Gewässers bewohnen können. Durch das Vorkommen oder Fehlen dieser Arten kann die Einteilung in eine Gewässergüteklasse erfolgen. Hinsichtlich der genauen Methodik bei der Ermittlung der Gewässergüte wird auf den Textteil des Steirischen Gewässergüteatlas 2004 (AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG, 2004) verwiesen.

Güteklasse I:
Kartensignatur: dunkelblau
kaum verunreinigtes Gewässer
Dazu gehören Gewässerabschnitte mit reinem, nährstoffarmen und stets annähernd sauerstoffgesättigtem Wasser. Der Gehalt an Bakterien ist gering. Die Besiedelung ist artenreich aber individuenarm, wobei vorwiegend Algen, Moose, Strudelwürmer und Insektenlarven zu finden sind. Diese Güteklassen weisen nur Quellbäche und Oberläufe von Fließgewässern in von Menschen unbeeinträchtigten Hoch- und Mittelgebirgsregionen auf.

Güteklasse I – II:
Kartensignatur: hellblau
kaum bis mäßig verunreinigtes Gewässer
Allgemein handelt es sich hierbei um Gewässerabschnitte mit geringer anorganischer Nährstoffzufuhr und organischer Belastung ohne nennenswerte Sauerstoffzehrung. Die Gewässerstrecken sind dicht und artenreich besiedelt.

Güteklasse II:
Kartensignatur: dunkelgrün
mäßig verunreinigtes Gewässer
Die Bäche und Flüsse tragen eine mäßige organische Belastung bei guter Sauerstoffversorgung. Ein großer Arten- und Individuenreichtum von Algen, Schnecken, Kleinkrebsen, Insektenlarven und auch Fischen ist kennzeichnend.

Güteklasse II – III:
Kartensignatur: hellgrün
mäßig bis stark verunreinigtes Gewässer
Dazu gehören Gewässerabschnitte, deren Belastung mit organischen sauerstoffzehrenden Stoffen einen kritischen Zustand bewirkt. Ein Fischsterben infolge Sauerstoffdefizits kann nicht ausgeschlossen werden, daher ist auch ein Rückgang der Artenzahl bei Makroorganismen zu beobachten. Fadenförmige Algen bilden häufig größere flächendeckende Bestände. Die Unterseiten der Steine sind aufgrund von Sauerstoffmangelerscheinungen schwarz.

Güteklasse III:
Kartensignatur: gelb
stark verunreinigtes Gewässer
Gewässerabschnitte mit starker organischer, sauerstoffzehrender Verschmutzung und meist niedrigem Sauerstoffgehalt. Lokal bildet sich Faulschlamm. Sichtbar werden Kolonien von fadenförmigen Abwasserbakterien. Es kommt zu einer starken Vermehrung von gegen Sauerstoffmangel unempfindlichen Arten wie zum Beispiel Schlammegeln und Wasserasseln. Im Gegenzug verschwinden vor allem die Insektenlarven. Mit einem periodischen Fischsterben ist zu rechnen.

Güteklasse III – IV:
Kartensignatur: orange
stark bis außergewöhnlich stark verunreinigtes Gewässer
Gewässerabschnitte mit weitgehend eingeschränkten Lebensbedingungen durch sehr starke Verschmutzung mit organischen sauerstoffzehrenden Stoffen. Phasenweise kann es zu völligem Sauerstoffschwund kommen. Eine deutliche Trübung des Gewässers wird durch Abwasserschwebstoffe verursacht. Ausgedehnte Faulschlammablagerungen sind kennzeichnend. Das Wasser riecht deutlich nach Abwasser und bisweilen auch nach Schwefelwasserstoff. Nur mehr Wimpertierchen, rote Zuckmückenlarven oder Schlammröhrenwürmer sind diesem Milieu gut angepasst und kommen daher reichlich vor. Fische können in diesen Gewässern nicht mehr dauerhaft überleben und sind nur mehr ausnahmsweise anzutreffen. Derartige Verhältnisse sind auf massive Abwassereinleitungen zurückzuführen.

Güteklasse IV:
Kartensignatur: rot
außergewöhnlich stark verunreinigtes Gewässer
Gewässerabschnitt mit übermäßiger Belastung durch organische, sauerstoffzehrende Abwässer. Es dominieren Fäulnisprozesse. Sauerstoff ist nur in sehr niedrigen Konzentrationen vorhanden oder fehlt gänzlich. Die Besiedlung erfolgt vorwiegend durch Bakterien, Geißeltierchen, Wimpertierchen, Schlammröhrenwürmer und Zuckmückenlarven. Es gibt in derartigen Gewässern keine Fische. Es kommt zu einer erheblichen Geruchsbelästigung.

In der Zusammenschau lässt die beinahe 30 jährige Zeitspanne eine deutliche Verbesserung der Gewässergüte erkennen. Schon allein der Blick auf die Legenden der beiden Karten zeigt, dass der momentane Gütezustand die Klassen von I bis II-III umfasst, wobei 1974/75 noch das gesamte Klassenspektrum ausgewiesen wurde.
In den 70er Jahren hatte die Mur im Stadtgebiet von Bruck und Graz die biologische Gewässergüteklasse IV aufzuweisen, was einer außergewöhnlich starken Verunreinigung gleichkommt. In diesem Jahrzehnt wurden aber bereits auch die ersten abwassertechnischen Maßnahmen gesetzt, die allerdings nur einen bescheidenen Erfolg in den darauffolgenden Jahren zeigten. Erst mit dem Beschluss des Mursanierungsprogrammes 1985, welches eine abwassertechnische Sanierung der großen Ballungsräume und insbesondere auch die Sanierung der Zellstofffabriken forderte, nimmt der Verschmutzungsgrad der Mur deutlich ab, sodass wir heute im Flussabschnitt zwischen Predlitz und Zeltweg die Güteklasse I-II, also ein kaum bis mäßig verunreinigtes Gewässer und von Zeltweg bis Sicheldorf die Güteklasse II, mäßig verunreinigtes Gewässer, vorfinden.
Die allgemeine Verbesserung des Gütezustandes lässt sich aber nicht nur an der Mur sondern steiermarkweit beobachten. Besonders hervorzuheben sind der Vordernbergerbach und Thörlbach, die vor 30 Jahren abschnittsweise sogar als verödet galten und jetzt erfreulicherweise eine Güteklasse II bzw. I-II vorzuweisen haben. Ausschlaggebend dafür ist der zunehmende Ausbau des Kanalnetzes und der Kläranlagen. 1975 hatten die bestehenden Kläranlagen eine Kapazität von rund 153 000 Einwohnergleichwerten (EWG). Aktuell sind die steirischen Kläranlagen auf 2 700 000 EWG ausgelegt. Der EWG ist eine Richtzahl für die Menge an biologisch abbaubaren Substanzen, die ein Mensch pro Tag an das Abwasser abgibt. Der EWG ermöglicht es, unterschiedliche Abwässer miteinander zu vergleichen.

Erklärung

Gütebild der Fließgewässer 1974/75


Quelle und Bearbeiter

Quellenverzeichnis

Österreichisches Zentrum für Umwelterziehung, 2000 : Handreichung WASSER – Die Was-sermappe, Graz, 121 S.
Österreichisches Zentrum für Umwelterziehung, 2000 : Handreichung WASSER – Unter-richtspraktischer Teil, Graz.
Amt der Steiermärkischen Landesregierung, 2004: Steirischer Gewässergüteatlas 2004, Graz, 69 S.

Kartengrundlage:Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachstelle GIS

Autorinnen und Autoren

Text: Mag. Dieter Pirker (2006)
Lehrplanbezüge: Maga. Daniela Peter
Mögliche Lernziele: Maga. Dr. Marlies Pietsch
Kartengestaltung: Maga. Edeltraud Posch & Mag. Dieter Pirker (2006)
Arbeitsmaterialien: Mag. Michael Krobath